Vom 19.-20.01.2018 fand der Pflegekongress in Berlin statt. Das Projekt Stress-Rekord nahm teil und konnte sich so mit den aktuellen Trends im stationären und ambulanten Pflegesektor vertraut machen. Ein zentrales Thema zog sich durch die zweitägige Veranstaltung: „Fachkräftemangel und Mitarbeiterfluktuation“. So sprach schon zum Einstieg die Pflegedirektorin Jana Luntz des Universitätsklinikums Dresden von einem Fachkräftemangel, der nun mittlerweile auch an den Universitätskliniken in Sachsen angekommen sei. Zahlen zeigen ein verschobenes Verhältnis seit 1994 zu 2018. Damals behandelten 3,5 Pflegekräfte und 1 Arzt insgesamt 45 Patienten. Mittlerweile behandeln 2 Pflegekräfte und 1 Arzt 60 Patienten. Man sprach von einer „gewachsenen Misere“ und absehbaren schlimmen Folgen für den Pflegebereich. Viele Stationen müssen aufgrund von hohen Krankenständen und einem eindeutigen Mangel an Pflegekräften schließen, obwohl es an Patienten nicht mangelt. Die Pflegekraft gerät laut Luntz in einen Konflikt: Man möchte „…mit und für Menschen arbeiten…und nicht von seinen Werten abweichen…“. Da viele Pflegekräfte aufgrund der aktuellen Lage dies aber nicht mehr erreichen können, kommt es oft zu physischen und psychischen Belastungen, was wiederum oft eine Kündigung mit sich zieht. So spricht auch Valentin Herfurth aus Berlin vom Konflikt des pflegefachlichen Anspruchs und dem tatsächlichen Leistungsvermögen. Man muss einen Weg „weg von der Patientenorientierung“ finden und den Patienten in den vorher festgelegten Pflegeablauf einbauen. D. h. man sollte seine eigenen Fähigkeiten und Potentiale nicht nach dem Patienten richten, sondern umgedreht, sich „selbst nicht verlieren…“ mahnt Herfuth.
Ein weiteres zentrales Thema war der Zuzug an neuen ausländischen Pflegekräften und der Fortzug der inländischen Kräfte. So „..baggere exemplarisch die Schweiz stark an den deutschen Pflegekräften mit attraktiven Vergütungen und familienfreundlichen Arbeitsplätzen…“. Man vergesse an die jungen Pflegekräfte zu denken und streite sich über die Mitarbeiter, die sich über die Maße engagieren. „…Wenn man mit Kopfprämien die besten Kräfte abwirbt, hat man sich zwar augenscheinlich vorerst verbessert, nimmt aber einem anderen Unternehmen und den zu Pflegenden die Möglichkeit für eine befriedigende und erfüllenden Pflege….“ so ein ambulanter Pflegedienstleiter aus Berlin.
Judith Heepe, Pflegedirektorin am Berliner Universitätsklinikum Charité wiederum spricht sich für die Beachtung älterer Pflegefachkräfte aus. So sind diese oft körperlich stark überlastet – sind aber in der Regel psychisch belastbarer. "Sie reagieren ruhiger und können dadurch viele Situationen retten", sagt Heepe. Die Sensibilisierung für die unterschiedliche Arbeitsweise von älteren gegenüber jungen Pflegekräften ist für die eine harmonische Pflege essentiell, so „…müssen neue Tätigkeitsfelder sondiert und weiterentwickelt werden" sagt die Pflegedirektorin.
Am zweiten Tag des Kongresses standen verschieden Workshops im Vordergrund. Im Workshop „Gesund Führen“ von Dr. Detlef Krause wurde Führungsverhalten als essentielle Gesundheitsressource diskutiert. So bewirken soziale Unterstützung, Mitbestimmung und Beteiligungsmöglichkeiten, Anerkennung und Wertschätzung sowie Kommunikation mit Vorgesetzten einen deutlich geringeren Krankenstand geringe Fluktuationszahlen, psychische Gesundheit, weniger Stress und Zufriedenheit.
Ein weiteres Thema war die Herausforderung einer Führungskraft. Es wurde die Frage diskutiert, wo Führung anfängt. Es wurde deutlich, dass eine Führungskraft im Stande sein muss, sich zu spiegeln und sich in die Mitarbeitenden hineinversetzen zu können. „Führung nach unten sei leicht, Führung nach oben hingegen schwer…“. Manche Teilnehmer äußern den Wunsch nach sogenannten „Hörstunden“. Damit würde man sicher gehen, dass man die Führungskraft richtig verstanden habe und in eine Richtung blickt. Die Frage, was es so schwer macht, gesunde Führung in den Arbeitsalltag zu integrieren, bestimmte die Hauptzeit des Workshops. Der Zeitfaktor und Überarbeitung wurde als einheitliches Ergebnis deklariert. Abschließend kommt man auf den Begriff „Wertschätzung“ zurück und deutet ihn als wichtigste Gesundheitsressource, die man im Unternehmen haben kann.
Zusammenfassend können wir sagen, dass uns die Teilnahme am Kongress Pflege in unserem Projektvorhaben bestärkt. Der ärztliche Direktor Prof. Dr. Axel Ekkernkamp vom Unfallkrankenhaus Berlin bezeichnetet die Digitalisierung in der Pflege als große Hilfestellung, betonte aber, dass die Arbeitssituation auch in der indigitalen Welt attraktiv bleiben muss. Und genau dieser Satz motiviert uns im Projekt, wir wollen eine Erleichterung und Hilfestellung in Form eines Lernspiels darbieten, welches die Führungskraft für die Belastungen der Pflegekräfte im realen Pflegealltag sensibilisiert und so eine verbesserte Pflegesituation in seinem Unternehmen schafft.