Um Wirksamkeit des Lernspiels einzuschätzen, wurden Führungskräfte befragt, die das Spiel gespielt haben. Die Erprobungen fanden bei den Projektpartnern Trägerwerk Soziale Dienste wohnen plus... gGmbH (TWSD) in Legefeld sowie bei der Bildungsvereinigung ARBEIT UND LEBEN Nds. Süd gGmbH in Göttingen statt. Die mehrstufige Befragung, wie in der Abbildung zu sehen, bestand aus einer Nullmessung mittels Fragebogen (29 Teilnehmende), vor Beginn des Spiels sowie einer Abschlusserhebung nach der Nutzung des Lernspiels mit 18 Teilnehmenden, die sich aus einem Fragebogen und einer Gruppendiskussion zusammensetzte.
Folgende zentrale Fragestellungen bestimmten den Evaluationsprozess:
- Wie wird das Lernspiel von Ihnen hinsichtlich Nutzerfreundlichkeit und Spielfreude bewertet?
- Ist das Spiel und die Personal- und Kompetenzentwicklungsmaßnahme als Weiterbildungsmaßnahme erfolgreich?
- Welche Rolle spielt gesundheitsförderliches Verhalten im Arbeitsalltag der Führungskräfte?
In der 8-wöchigen Erprobungsphase wurden die Teilnehmenden an 2 Messzeitpunkten um Einschätzungen gebeten, wie die Abbildung verdeutlicht. Um das Nutzungserleben und die Spielfreude (Usability) zu erheben, wurde auf standardisierte Fragebögen meCUE (modular evaluation of key Components of User Experience) und GEQ (Game Experience Questionnaire) zurückgegriffen. Um die Wirksamkeit des Spiels zu untersuchen, wurden adaptierte Fragebögen eingesetzt, die Aufschluss über die Häufigkeit von und der Einstellung gegenüber gesundheitsförderlichen Führungsverhalten geben. Die Ergebnisse aus den Fragebogenerhebungen wurden anschließend im Rahmen einer Gruppendiskussion gemeinsam mit den Teilnehmenden vertiefend diskutiert.
Zwei zentrale Ergebnisse der Fragebogenerhebung sollen an der Stelle exemplarisch dargestellt werden:
- Das Lernspiel ist eher für angehende als für erfahrene Führungskräfte geeignet.
Der Nutzen des Lernspiels für die Weiterbildungsziele sowie die berufliche Praxis der Führungskräfte wurde als gut bewertet. Für angehende Führungskräfte ist das Spiel sogar noch etwas nützlicher als für erfahrende Führungskräfte, wie unten stehende Tabelle zeigt. Im Rahmen der Erprobung in Göttingen konnte ein Vergleich zwischen angehenden und erfahrenen Führungskräften vorgenommen werden. In Weimar nahmen ausschließlich Führungskräfte teil, die bereits über langjährige Berufserfahrung verfügten. Im Zuge der abschließenden Gruppendiskussion in Weimar äußerten die Teilnehmenden, dass das Lernspiel aufgrund des Prototypcharakters und der ausbaufähigen Komplexität der Spielszenarien eher für angehende Führungskräfte geeignet sei. In der dritten Erprobungswelle im März bis Juni 2019 wird das Spiel deutlich ausgebauter sein und die Pflegekräfte mit zusätzlichen Spiel-Leveln stärker fordern.
- Das Lernspiel ermöglicht eine kritische Reflexion und eine realistischere Einschätzung hinsichtlich des eigenen gesundheitsförderlichen Führungsverhaltens.
Überraschenderweise konnten in der Nullmessung bereits sehr gute Ausgangswerte bzgl. der Belastungen der Pflegekräfte (aus Sicht der Führungskräfte), den arbeitsorganisatorischen Voraussetzungen in der pflegenden Einrichtung und zur Häufigkeit bzw. des Stellenwerts von gesundheitlichem Führungsverhalten erzielt werden.
Das hier festgestellte, interessante Phänomen der Verschlechterung nach dem Spiel wurde zum Thema in der Gruppendiskussion mit den Teilnehmenden, die jedoch nur zu Teilen von den befragten Führungskräften beantwortet werden konnte. Entgegen der Erwartungen der Spiele-Entwickler, wonach eine stärkere Sensibilisierung für gesundheitsförderliches Führungsverhalten nach dem Spiel anzunehmen wäre, wurden folgende Ergebnisse erzielt:
- Pausen können zum Zeitpunkt der Nullmessung „oft“, nach der Nutzung des Lernspiels jedoch nur noch „ab und zu“ eingehalten werden.
- Vor dem Spiel haben sich Führungskräfte mehr Zeit zu genommen, ihren Pflegekräften zu zeigen, wie sie gesundheitsgerecht(er) arbeiten können. Nach dem Spiel war es immer noch „häufig“, jedoch etwas weniger als vor dem Spiel.
- Vor dem Spiel gaben die befragten Führungskräfte an, dafür Sorge zu tragen, dass die Handhabung der Arbeitsmittel allen Pflegekräften hinreichend bekannt ist. Nach dem Spiel gaben die Führungskräfte an, dass sie es immer noch „häufig“ tun, jedoch etwas weniger als vor dem Spiel.
- Bei gesundheitlichen Problemen konkrete Veränderungsmaßnahmen einzuleiten, wurde von den Führungskräften vor dem Spiel häufiger angewendet als nachher.
- Für Führungskräfte war es vor dem Spiel etwas wichtiger Lob auszusprechen als nachher. Dennoch wurde es bei beiden Messzeitpunkten als „wichtig“ eingeschätzt.
Insgesamt sind diese Verschlechterungen nur minimal und auch nach dem Spiel auf einem hohen Niveau, weshalb nicht von einer negativen Einstellung zu gesundheitlichem Führungsverhalten gesprochen werden kann. Ein möglicher Interpretationsansatz könnte lauten, dass den Befragten erst durch das Spiel die Bandbreite und die Vielfalt der Maßnahmen gesundheitsförderlichen Führungsverhaltens bewusst geworden ist und sie im Nachgang reflektiert haben, dass sie nicht alle Potentiale gesundheitsförderlichen Führungsverhaltens ausschöpfen.
Der letzte Erprobungsdurchlauf von März bis Juni 2019 in Göttingen verspricht spannende Ergebnisse - vor dem Hintergrund des Ausbaus des Lernspiels mit einem weiteren Level und somit komplexeren Spielszenarien.